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Junge-Gemeinde-Fahrt nach Rom

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Billigflieger und Internet machen es möglich, günstig in die zentrale Stadt des Christentums zu fliegen. In den fünf Tagen haben wir viel gesehen. Jeder hatte die Aufgabe, sich für eine der bedeutenden Stätten vorzubereiten. Da gibt es das Colloseum, in dem das Volk mit Brot und Spielen belustigt wurde. Menschenleben spielten dabei offensichtlich nur eine untergeordnete Rolle. Ein Kreuz in der Arena erinnert an die Christen, die sich weigerten, den Kaiser als Gott anzubeten. Das 1. Gebot war ihnen so wichtig, dass sie dies mit dem Leben bezahlten. Der Triumphbogen des Konstantin vor dem Colosseum führt uns vor Augen, dass jede Zeit der Bewährung auch ein Ende hat. Kaiser Konstantin wurde in seiner Regierungszeit Christ und veränderte die Lage der Christen. Letztlich haben wir 1989/1990 Ähnliches erlebt. Davor unterdrückt, wählte man plötzlich Christen für staatliche Ämter. Das Forum Romanum verdeutlicht die Vergänglichkeit der Imperatoren. Von Menschen, die sich für göttlich hielten, zeugen Ruinen. Führer betonen die Größe. Etwas am Rand ist ein Gefängnis, in dem mit relativer Wahrscheinlichkeit Paulus und Petrus eingekerkert waren und denen dort gedacht wird. Nachdem ein deutscher Professor seinen Studenten das Verlies erklärt hat, erwähnte er: »…ach ja, hier sind auch christliche Märtyrer gewesen.« Dies ist markant für das deutsche Bildungssystem: der griechischen und römischen Kaiser- und Götterwelt wird ein Vielfaches mehr an Zeit gewidmet, als dem Christentum. Für die beiden Männer, die die meisten Menschen dieser Erde prägten und noch heute prägen, weil deren Schriften täglich für Millionen Lebensorientierung sind, findet der deutsche Professor nur eine hochmütig geäußerte Randbemerkung.

Sehr wohltuend dagegen ein Salesianer-Mönch, der uns am nächsten Tag durch die Callistus-Katakombe führte. Das Blut derjenigen, die für ihr Bekenntnis zu Christus zum Teil vor dem unterirdischen Altar hingerichtet wurden, wurde zum Samen der Kirche. So sprach er von diesen hunderttausenden Gräbern als der Wiege der Kirche.

Nach dem Besuch eines antiken Erlebnisbades unvorstellbaren Ausmaßes, führte unser Weg zur Lateranbasilika. Sie empfängt den Besucher mit den Worten: »Haupt und Mutter der Kirchen der Stadt Rom und des Erdkreises« zu sein. Hier residierten die Päpste bis sie für einige Jahrzehnte Rom verließen. Nach der Rückkehr aus Avignon verlegte der damalige Papst seinen Sitz in den besser befestigten Vatikan. Die Lateranbasilika beeindruckt durch ihre Größe und Pracht. Zum inneren Gebet regt aber eher die gleich daneben befindliche Heilige Treppe an. Vor und nach Martin Luther rutschten, auf Knien betend, Millionen Christen auf ihr hinauf. Dieser Besuch lässt uns über die eigene Gebetshaltung nachdenken. Am Sonntag besuchten wir den Gottesdienst auf dem Petersplatz. Um den Platz betreten zu können, wurden wir wie auf dem Flugplatz kontrolliert. Vor uns erhob sich der mächtige Petersdom mit der beeindruckenden Kuppel Michelangelos. Zur Finanzierung dieses heute zweifelsfrei bekanntesten christlichen Bauwerkes wurde der Ablasshandel derart verstärkt, dass dieser zum Anlass von Luthers 95 Thesen wurde. Diese waren letztlich Auslöser der Kirchenspaltung. Alles hat seinen Preis. Es gibt auch den Fall, dass der Preis zu hoch war. Im Gottesdienst wurden durch Papst Benedikt XVI. vier Personen heilig gesprochen. Es wurde kein Gemeindelied gesungen, das Evangelium in lateinischer und griechischer Sprache gelesen. In Erinnerung blieb uns die lange Reihe der Heiligen, die für die Beter bitten sollen. Letztlich erinnerte uns dieser Vormittag an die reicheren Gestaltungsmöglichkeiten unseres lutherischen Gottesdienstes, der im wesendlichen in einer uns verständlichen Sprache gehalten wird.

Am Nachmittag fuhren wir zum Meer baden. Am Morgen des nächsten Tages stellten wir uns an der Schlange vor den Vatikanischen Museen an, eine der bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt. Die Schlange reichte vergleichsweise mindestens von unserer Kirche bis zur ehemaligen Tankstelle. Die Besucher stehen vollkommen freiwillig zwei Stunden an und bescheren dem Vatikan ca. 30 Millionen Euro Einnahmen im Jahr. Die Kirche förderte die Kunst mit einem verschwenderischen Aufwand und kurbelte damit die Wirtschaft an. Bis heute lässt dies die Kassen klingeln. Es wäre eine wahnwitzige Idee, die Fresken der Sixtinischen Kapelle von Michelangelo oder die von Rafael zu verkaufen, um das Geld den Armen zu geben. In der Tat sitzen Bettler in Rom an den U-Bahn-Eingängen und auf Bürgersteigen. Diejenigen, die diese Forderung erheben, haben reichlich Gelegenheit, wenigstens einzelne Euros aus ihrem Portemonnaie zu geben. Die meisten tun dies nicht mit der Begründung, dass das Geld ja doch in Alkohol oder Drogen umgesetzt wird oder die bettelnden Kinder von der Schulbildung abhält. Dies verdeutlicht, wie kompliziert das Problem ist. Es sei daran erinnert, dass die deutschen Hilfsorganisationen mit den höchsten Spendenaufkommen kirchliche Organisationen sind. Insbesondere katholische Klöster fühlen sich seit eh und je für die Bildung der wenig Begüterten verantwortlich.

Die Vatikanischen Museen sind, was die meisten in der Überfülle übersehen, Zeugnis der reichen wissenschaftlichen Arbeit auf allen Gebieten. All diejenigen, die den Prozess um Galileo Galilei gern zum Pauschalurteil für die angebliche Wissenschaftsfeindlichkeit »der Kirche« nutzen, sei ein Blick auf die astronomischen Instrumente empfohlen, in denen die Sonne im Mittelpunkt steht.

Die Stadt Rom wirkte auf uns wie das Sinnbild der gefallenen Welt, in der das Reich Gottes wie ein Baum wächst. Mehrspuriger Verkehr zwängt sich durch Jahrhunderte alte Torbögen, diabolischer Lärm wechselt mit der Ruhe der Parks von Palästen, die Akkuratesse im Vatikan ist der Gegensatz vom Dreck der Straßen davor, Nonnen gehen an Dessous-Geschäften vorbei und überall stehen alte, immer wieder veränderte Kirchen, die den christlichen Glauben versinnbildlichen. Ihr Reichtum ist Ausdruck der Verehrung unseres Gottes. Von dieser Vielfalt inspiriert, sangen wir merkwürdigerweise nicht in den Kirchen, sondern auf der Straße christliche Lieder.

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