1. Die Partnerschaft – Vorgeschichte
Vor 10 Jahren trafen Pfarrer Kecke und seine Frau während eines Aufenthaltes in Tansania das Missionarsehepaar Böckler, das schon seit Jahren in Tansania die Arbeit der Lutherischen Kirche aktiv unterstützte – Herr Böckler als Bauingenieur bei der Planung, Projektierung und Bauausführung von Schulen, Kindergärten und Krankenhäusern und Frau Böckler hauptsächlich durch die Organisation und Betreuung von Projekten der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Frauen in der Kirche.
Wenn man Tansania besucht und mit offenen Augen das Leben der Menschen dort betrachtet, stellt sich von selbst die Frage: »Wie kann ich helfen?« Frau und Herr Kecke bekamen von Böcklers auch prompt eine Antwort: »Wir besuchen das Dorf Loriko am Fuß des Kilimandscharo. Dort soll eine Kirche gebaut werden. Redet in Deutschland mit Eurer Gemeinde und versucht, den Kirchenbau finanziell zu unterstützen.«
Dieser Vorschlag wurde aufgegriffen und in Königswartha der Tansaniakreis zur Koordinierung der Arbeit gegründet. Ein Höhepunkt unserer Zusammenarbeit war dann die Einladung, im Januar 2001 nach Loriko zur Einweihung des neuen Kirchengebäudes zu kommen. (s.a. unter »Partnergemeinden« Reisebericht von Antje Kallista).
Inzwischen gibt es von Königswartha aus Kontakt zu mehreren Gemeinden und somit die Beteiligung an unterschiedlichsten Projekten.
Wertvolle Unterstützung erhalten wir vor Ort vom deutschen Pfarrer Herrn Kiesel, der – nachdem Böcklers wieder nach Deutschland zurückkehrten – unser Verbindungsmann in Sachen Kommunikation und Geldangelegenheiten in Tansania ist.
Loriko gehört neben den Orten Shoshe und Mandungu zur Hauptgemeinde Kyuu. Vertreter dieser 4 Orte gründeten einen Partnerschaftsrat und schlugen der Kirchgemeinde Königswartha vor, einen Partnerschaftsvertrag zwischen Königswartha und der Gemeinde Kyuu abzuschließen.
Der Kirchenvorstand von Königswartha fasste einen entsprechenden Beschluss und die Mitglieder des Tansaniakreises begannen Anfang 2005 mit der Planung einer 2.Reise, um vor Ort Voraussetzungen für die Zusammenarbeit unserer beiden Kirchgemeinden zu schaffen.
Wie bereits 2001 wurde auch geplant, die Partner des Kirchenbezirkes Bautzen in der Meru-Diözese zu besuchen.
2. Die Reisegruppe – Gemeindeglieder der Kirchgemeinde Königswartha
- Andreas Kecke – Pfarrer in Königswartha
- Maria Kecke – Religionslehrerin
- Sophie Kecke – Schülerin und Leiterin der Jungen Gemeinde Königswartha
- Anne Simon – Religionslehrerin
- Christin Nowotny – Mitarbeiterin im Jugendprojekt »Stoffwechsel« in Dresden
- Olaf Langner – Kirchenvorsteher
- Frank Schimank – Kirchenvorsteher
- Bernhard Henninger – Kirchenvorsteher
3. Die Safari – Teil 1 – Besuch bei unseren Freunden in der Gemeinde Kyuu
Am 11.02.2006 brachen wir nach Tansania zu unserer Partnergemeinde Kyuu am Fuße des Kilimandscharos auf. Wir reisten per Flugzeug von Berlin über London nach Nairobi und von dort nach einer Übernachtung im Hotel weiter mit dem Bus nach Arusha am Mount Meru. Sicher eine etwas »umständliche« Reiseroute, da wir auch direkt zum Fuß des Kilimandscharo hätten fliegen können. Unterm Strich wären aber dann Mehrkosten von ca. 350 € für jeden von uns angefallen.
Aufgrund der Wahl unserer Reiseroute erlebten wir sozusagen im Vorbeifahren auf der Busfahrt von Kenia nach Tansania, welche Probleme den Menschen in dieser Region durch das Wegbleiben der Regenzeiten entstanden sind.
Bis zum Horizont gab es rechts und links der Straße nur staubige Erde und dürres Gesträuch. Am Wegrand sahen wir immer wieder vertrocknete Kadaver von Zebras, Gnus, Eseln und Kühen.
Vor kurzem priesen Touristikunternehmen diese Region noch ihres Artenreichtums und ihrer landschaftlichen Reize wegen an.
6 Stunden saßen wir im Bus, dann wurden wir in Arusha vom Pfarrer Kiesel, Pfarrer Kweka – dem neuen Gemeindepfarrer von Kyuu – und Mitgliedern des Partnerschaftskomitees begrüßt.
Nach dem Gepäckumladen von dem einen auf den anderen Bus ging es noch 100 km von Arusha in Richtung Moshi nach Kyuu.
Seit unserer Abreise in Deutschland waren ungefähr 28 Std. vergangen, ca. 10.000 km lagen hinter uns.
Das Haus eines Gemeindegliedes von Kyuu wurde für 7 Tage unser zu Hause. Beeindruckend und einfach nicht zu beschreiben war die Gastfreundschaft, die wir dort erleben durften.
2 Dinge waren in dieser Woche für uns, d.h. den Gastgebern aus der Gemeinde Kyuu und den Vertretern der Kirchgemeinde Königswartha, besonders wichtig. Wir mußten uns erstens kennenlernen und dann zweitens die gemeinsame Arbeit organisieren.
Möglichkeiten zum Kennenlernen hatten wir bei den Besuchen in den Ortsteilen der Gemeinde, in Kyuu, in Loriko, in Shoshe und in Mandungu.
Wir feierten Gottesdienste und sangen gemeinsam. Wurde aber getanzt, war es eigentlich unmöglich das »deutsch-unterkühlte« Temperament dem landesüblichen Standard annähernd anzugleichen.
Wir berichteten über unsere Arbeit und unsere Familien. Wir waren zu Gast in den Häusern der Einwohner der Orte. Wir besuchten die Kinder in ihren Schulen und es gab Gespräche mit den Lehrern.
In Moshi hatten wir einen Termin mit dem Generalsekretär der Norddiözese Julius Mosi. In Kyuu trafen wir mit dem Superintendenten des Kirchenbezirkes Lookam Mushi zusammen.
Als Schwerpunkt der Arbeit vor Ort wurden von unseren tansanischen Freunden einhellig folgende Dinge benannt: Unterstützung bei der Verkündigung des Evangeliums. D.h. Hilfe leisten z.B. bei der Ausbildung von Kindergärtnerinnen und beim Bau von kirchlichen Gebäuden (der Kindergarten findet in den Kirchen statt.)
Weiter sind wichtig die Unterstützung der Arbeit in den Schulen, die Verbesserung der medizinischen Betreuung und die Verbesserung der Versorgung mit Wasser.
Da sich in unserem Reisegepäck neben kleinen Rucksäcken für die Kindergartenkinder von Loriko und Kyuu und Schreibutensilien für die Schulkinder auch Spendengelder befanden, konnten wir als Sofortmaßnahme finanzielle Unterstützung geben.
Nach einer Woche mußten wir von den Christen der Kirchgemeinde Kyuu Abschied nehmen. Im Jahr 2007 wird eine Abordnung aus unserer Partnergemeinde in Königswartha sein. Die Einladung dazu hat Pfarrer Kecke am Fuß des Kilimandscharo an Pfarrer Kweka und seine Gemeinde gerichtet.
4. Die Safari – Teil 2 -Tourismus
3 Tage haben wir das für Afrikatouristen übliche gemacht: Wir haben uns Land, Leute und Tiere angeschaut.
1.Tag:
10 Stunden Fahrt mit Jeep (wir + Fahrer + Koch) ca. 300 km, davon 130 km bei ca. 45° Celsius auf Staubpiste oder keiner Piste, von Arusha landeinwärts zum Lake Natron ca. 600 ü. NN. Der Lake Natron ist der See mit tausenden Flamingos zur Brutzeit. Als wir dort waren, war keine Brutzeit.
Abends gutes Abendbrot auf dem Zeltplatz. Dann 3 Stunden Schlaf. Um Mitternacht Aufbruch zum Lengai, dem heiligen Berg der Massai (aktiver Vulkan, ragt 2000 Höhenmeter aus der Massaisteppe). 6 Stunden Besteigung – lt. Pfarrer Kecke »für Leute unter 45 locker zu schaffen«. Das stimmt! (Der unten gebliebene Autor, Alter 56)
Für alle die oben waren ein unvergeßliches Erlebnis – dieses Grummeln im Berg, die bizarren Lavagebilde, der Sonnenaufgang, die Schinderei bergauf und bergab.
2.Tag:
Rückkehr vom Berg, Brunch gegen 11:00 Uhr, 2 Stunden Schlaf und dann 5 Stunden Fahrt Richtung Ngorongoro Krater. Campingplatz, Zeltaufbau, Abendessen, Übernachtung.
3.Tag:
Frühstück auf dem Zeltplatz an der Kante des Rift Valleys ca. 1800 ü. NN. Fast noch während des Frühstücks Start zum Krater, dem Touristen-Highlight in Tansania (diesmal mit Gast Pfr. Kweka).
Fahrt auf ca. 3000m ü. NN zum Kraterrand – von dort ein grandioser Blick in den Krater. Wir können die wilden Tiere schon riechen und werden später auch nicht enttäuscht. Nach einer steilen Abfahrt fahren wir durch die Kratersohle (Durchmesser ca. 30km).
Unser Jeep bewegt sich durch Zebra- Gnu- und Büffelherden. Wir erleben Hyänen bei einer erfolgreichen Jagd auf ein Gnu. Fast zum Anfassen liegen Löwen vollgefressen und schläfrig an der Piste. Wir sehen Elefanten und auch ein Nashorn. Flußpferde dösen in Tümpeln vor sich hin. Antilopen und Gazellen – ein besonderes Erlebnis diese Tiere zum Greifen nahe zu betrachten.
6 Stunden dürfen wir im Krater sein. Dann müssen wir zurück, sonst sind mehr Autos als Tiere unterwegs.
Raus aus dem Krater, 200 km nach Arusha, zwischendurch geht das Benzin aus, Beschaffung desselben, Ankunft beim Safariunternehmen in Arusha, Umladen, Weiterfahrt nach Usa River zu den Partnern des Kirchenbezirkes Bautzen.
Ankunft dort ca. 20:00 Uhr.
Dank guter Vorbereitung durften wir in 60 Stunden alles erleben, wofür der »normale Afrikatourist« mindestens 1 Woche Zeit hat. Die Ruhezeit beschränkte sich allerdings im Safari-Teil 2 auf 10 Stunden.
5. Die Safari -Teil 3 – Besuch bei den Partnern des Kirchenbezirkes Bautzen
Wie bereits 2001 wohnten wir im Gästehaus des Rehabilitationszentrum der Kirche in Usa River. Im Rehabilitationszentrum werden Jugendliche u.a. in den Berufen Tischler, Bürokauffrau/-mann und Schneiderin ausgebildet. Leider war es nicht möglich, uns die Arbeit hier näher vorzustellen.
Organisiert wurde unser Besuch in der Meru-Diözese vom Partnerschaftsrat und von Zelote Pallangyo, dem Superintendenten des Süddistrikts.
Wir hatten 3 Tage Zeit uns in verschiedenen Gemeinden über das Leben der Menschen und ihren Alltagsproblemen, über die Arbeit der Kirche, das Gemeindeleben und auch über die Verwendung der Bautzener Spendengelder zu informieren. Während unseres Aufenthalte im Süddistrikt trafen wir viele alte Bekannte, die wir bereits 2001 kennenlernten. Einige waren schon in Bautzen und auch in Königswartha zu Besuch. Der prominenteste unter ihnen war Bischof Paulo Akyoo. Er war schon einmal in Königswartha.
Unsere Gruppe hatte das Glück und die besondere Ehre, von ihm zu einem Gespräch in sein Büro in Usa River eingeladen zu sein.
Während unseres Aufenthaltes im Südddistrikt waren wir bei der Einweihung einer Geburtsstation und eines Hauses für die Mitarbeiter in Kikatiti dabei. Wir besuchten in der Massaisteppe die Nazareth-Gemeinde.
Königswartha hat dort den Kirchenbau mitfinanziert und es wurde dort vor Ort weitere Unterstützung vereinbart. In der Nähe gibt es eine Krankenstation. 2001 hatte man dort begonnen, einen Brunnen zu graben (damals 10 m tief). Der Brunnen ist fertig, 43 m tief, alles per Hand gegraben. Ein Wunder und nur mit Gottes Hilfe möglich geworden. Die Leitung, den Wassertank und das Stromaggregat hat Bautzen finanziert.
In der Nazarethgemeinde weihten der Bischof und Pfarrer Kecke eine neue Wasserleitung ein, finanziert aus Spenden der Bautzener. 2 blanke Hähne an einer Leitung, die aus einem Betonsockel ragt und daneben Frauen und Kinder mit 100 leeren Plastikkanistern, die gefüllt werden sollen. An diesem Tag war es noch kostenlos. Später wird von der Wasseruhr die Menge abgelesen und es werden ein paar Schillinge fällig.
Wir besuchten eine Schule und erlebten, wie die Kinder ihr Essen erhielten, Maisbrei und rote Bohnen. Der Kirchenbezirk Bautzen finanziert dieses Essen und hatte auch die Anschaffung einer Maismühle unterstützt. Wir sahen die Mühle in Aktion und auch die Lagerräume für den Mais. Das Essen in der Schule kostet für 1 Kind im Monat 1 €. Für manche Kinder ist es die einzige Mahlzeit am Tag!
Am Sonnabend erfuhren wir in der Sitzung mit dem Partnerschaftsrat noch einmal, wo unsere Hilfe gebraucht werden könnte: Mittagessen in der Schule, Einrichtung einer Berufsschule, Bau eines Waisenhauses für Kinder, deren Eltern an Aids verstorben sind. Viele Menschen werden kein Saatgut haben, wenn der Regen kommen sollte, da es in den letzten Jahren keine Einnahmen gab.
Den Abend vor unserer Abreise sitzen wir in unserem Quartier und machen Kassensturz. Alles, was wir noch haben, übergeben wir an Sup. Pallangyo für den Ankauf von Saatgut.
Am Sonntag waren wir in 2 Gemeinden im Gottesdienst und wurden dann herzlich verabschiedet. Unvergeßliche Tage liegen hinter uns!
6. Die Safari geht weiter
Wieder in der Heimat begeben wir uns bei unseren Reiseberichten in der Kirchgemeinde, in den Schulen, in unseren Familien und bei den Kollegen immer aufs Neue auf Safari und versuchen alle, die uns zuhören, mitzunehmen.
Bei unseren Besuchen in den afrikanischen Dörfern war es für uns sehr deprimierend, wie ausgetrocknet das Land war. Im Gegensatz zu unserer Erfahrung aus dem Besuch 2001 gab es außer im Umfeld der hohen Berge kein grünes Fleckchen mehr, nur noch trockene Erde und jede Menge Staub.
Den Leuten dort ist bewußt, wenn es nicht bald Regen gibt, werden nicht nur Tiere sondern auch Menschen sterben. Bewundernswert ist es mit welcher Kraft und Lebensfreude die Menschen uns trotz des harten Alltags begegnet sind. Einen wesentlichen Teil dieser Kraft schöpfen sie aus ihrem tiefen Glauben.
Als wir in Tansania waren stellten wir uns immer wieder die Fragen: »Was können wir tun?« und »Ist es richtig, was wir machen?« In unserem Gespräch mit Bischof Akyoo wies er uns, so meine ich, ganz konkret unsere derzeitige Aufgabe zu. Er verpackte sie, wie es sich für einen Bischof wohl auch gehörte, in einem Gleichnis: »Wenn ein Esel auf seinem Weg 250 kg Last tragen muß, dann ist das viel zuviel. Jeder, der kommt, einen Teil dieser Last dem Esel abnimmt und ihm beim Tragen hilft, der tut das Richtige.« Nehmen wir die Partnerschaftsbeziehungen ernst bzw. wollen wir ernst genommen werden, müssen wir diese »tragenden Rolle« übernehmen.
Es gab noch ein paar Dinge, die uns vor Ort in Afrika gesagt wurden: Dass die Menschen dort froh darüber sind, daß wir sie besucht und bei ihnen gewohnt haben. Wichtig war, das ein paar Leute schon zum wiederholten mal in ihre Gemeinden kamen.
Es ist wichtig, dass neben den Beziehungen der Leitungsebenen der Kirchen sich auch Partnerschaften zwischen Gemeinden entwickeln. Das zu bedenken wurde uns sowohl von den Gemeinden als auch vom Bischof selbst mit auf den Weg gegeben.
Ein Riesenberg Arbeit hat sich vor uns angehäuft! Wir werden versuchen ihn abzutragen. Mit Gottes Hilfe wird es uns, den Christen in Tansania am Kilimandscharo und am Mount Meru und den Christen in Deutschland am Löbauer Berg, am Butterberg und am Eichberg, auch gelingen.